Der junge Brahms


Der Blick des jungen Brahms zielt auf mich.
Schon seit Jahren hab ich diese Fotografie gespeichert.
Seine Züge sind mir verwandt,
er sieht aus wie ein möglicher Bruder, Onkel, Neffe.
Zur Zeit der Aufnahme, in der Mitte des 19. Jahrhunderts,
war er in seinen 20ern und weilte sogar in Düsseldorf.
Bei Robert und Clara Schumann ging er ein und aus.
«Lieben Sie Brahms?»
Aber ja, selbstverständlich, wie viele besonders
die Sinfonie Nr. 3 F-Dur op. 90.
Clara Schumann sah dazu einen
«geheimnisvollen Zauber des Waldlebens.»
«Es ist lauter Liebe und das Herz geht einem dabei auf»
kommentierte Dvorak, dessen Musik mir ebenfalls sehr nah ist.

Brahms war um die 50, als er diese Sinfonie komponierte,
und erst in den 30ern, als er Ein deutsches Requiem schrieb,
das ich zur Zeit leider nicht im Stande bin zu hören.

 

https://www.swr.de/swr2/musik/musikstueck/brahms-johannes-sinfonie-nr-3-f-dur-op-90
https://www1.wdr.de/radio/wdr3/musik/wdr3-werkbetrachtungen/brahms-dritte-sinfonie

Der sichere Hafen

Zufällige Begegnung von Bergkristall, bedrucktem Papier und Tierfell auf dem Arbeitstisch von RW und LB: Hommage à Lautréamont ou Isidore Lucien Ducasse.

Das «zufällige» Zusammentreffen ist fast wie eine Illustration zu unserer derzeitigen Lektüre von Hanns-Josef Ortheils neuestem Buch «Die Mittelmeerreise».

Scheidewege

Und dann schauten wir von der Hohensyburg hinunter in das weite Land, dort wo Lenne und Ruhr sich treffen. Die Bäume des Steilabhangs hatten ihre gelben Blätter schon weitgehend abgeworfen, während die Wiesen in den Flussauen noch kräftig grün waren. Genau unter der Eisenbahnbrücke tangieren die blauen Kurven der Flussläufe einander, um sich dann zu einem breiteren Band zu vereinen. Im Dunst konnten wir in der Ferne die Kuppen des Rheinischen Schiefergebirges Richtung Sauerland sehen. Kaiser Wilhelm auf dem Pferde, flankiert von Bismarck und Moltke, in unserem Rücken ignorierten wir trotz seiner imposanten Größe.

Novemberausflug auf die Hohensyburg, 2014

Orioniden

Gestern kurz nach Mitternacht sah ich eine große, sehr helle Sternschnuppe, direkt aus dem Sternbild des Orion herabstürzend. Wir kamen von einer schönen Martinsfeier bei meiner jüngeren Schwester auf dem Land am Niederrhein, gingen nun auf der Landstraße zu unserem Hotel. Der Himmel erschien viel dunkler als in der Stadt. Zwischen Wolkenfetzen blitzten die Sterne auf. Ich hatte schnell den Orion, den ich so liebe, entdeckt, darüber der rote Riese Aldebaran aus dem Sternbild Taurus und selbst die Plejaden sah ich kurz. Bei neuerlichem Hochschauen dann plötzlich der Meteorit. Er startete relativ tief, fast beim unteren Rocksaum des Orion, stürzte scheinbar direkt nach unten und war leuchtend kaltweiß. Nicht so farbig mit feurigem Schweif, lang anhaltend und waagerecht fliegend wie der Feuerbolide, den wir in einer Nacht in Göttingen in den 90er Jahren sahen. Ich betrachte mich als glückliche Finderin der Ereignisse. Der vertraute Orion ist das Sternbild meiner Kindheit.

 

 

Martinsabend

Aufgeregt schnattern die Kinder wie Martins Gänse, aber nicht wie diese, um vor einer Gefahr zu warnen, sondern vor freudiger Erwartung. Erst zum Schluss hören wir sie singen, dann aber kräftig, fast schreiend. Ein großes Gewusel und eine Aufgeregtheit bei den Kleinsten. Die Größeren freuen sich schon auf reiche Ausbeute beim Gripschen. Die Kinder haben alle schöne, selbstgemachte Laternen mitgebracht. Nicht so alberne, wie man sie manchmal sieht, keinen Spongebob, kein Minion und keine Vertreter der Simpsons. Ich kann meine Rührung nicht verhehlen, als die Musikkapelle alte Martinslieder anstimmt. Den Heiligen und die Mantelteilung haben wir nicht gesehen, da wir ins örtliche Museum eilen mußten, um an einer Vernissage teilzunehmen.

Gestern abend in der Innenstadt von Ratingen

Polyeder

Eine meiner größten Freuden ist es, Kunstwerke zu betrachten. Besonders dieses, weil es auch zwei schöne Vielflächner zeigt, die mich an Kristalle aus dem Mineralienreich erinnern. Auf dem Bild ist der Mathematiker Luca Pacioli im Franziskanerhabit zusammen mit einem unbekannten jungen Mann abgebildet. Das Jacopo de Barbara zugeschriebene, 1495 entstandene Gemälde hängt im Museo Capodimonte in Neapel, einem meiner Sehnsuchtsorte, den ich 1978 zum ersten Mal aufsuchte. Es ist faszinierend, dass der berühmte und gelehrte Leonardo da Vinci die Illustrationen zu Paciolis Werk «De divina proportione» zeichnete. Der rechts im Bild auf dem roten Buchdeckel abgebildete Pentagondodekaeder ist einer der platonischen Körper, eben ein aus zwölf Fünfecken gebildeter Körper, der das Beispiel für die «göttliche Proportion» ist, da sich seine Seitenfläche, das regelmäßige Fünfeck bekanntermaßen mit der «sectio aurea», dem «Goldenen Schnitt» konstruieren lässt, diesen gleichsam versinnbildlicht.
Das Mineral Pyrit kommt in der Natur als Körper mit dem Pentagon als Seitenfläche vor. Oder als fast perfekter Hexaeder, beide Formen sind ja dem kubischen Kristallsystem zugeordnet. Zwar zeigen sie sich nicht so regelmäßig wie in der Geometrie, aber immerhin für das menschliche Auge perfekt. (siehe auch ruth23weber.de unter der Kategorie «Stein» und «Von Steinen spreche ich»)
Der Rhombenkuboktaeder, der zu den archimedischen Körpern gehört, ist hier auf der linken Seite des Bildes hängend dargestellt. Angeblich soll er zur Hälfte mit Wasser gefüllt sein. Könnte dies nicht auch eine innere Glasfläche sein, die der Stabilität des Körpers dient? Wie wunderbar wäre es, wenn die Flächen des Körpers aus Bergkristall geschliffen wären. Auf den Glasflächen sind sogar Spiegelungen der Umgebung des gemalten Raumes zu sehen, die an Fensterausblicke mit Tageslicht erinnern, sonst ist der Hintergrund des Bildes ja dunkel gehalten. Paciolis Blick geht über uns hinweg, während der junge Mann uns direkt anschaut, um uns einzuladen, an der gelehrten Konversation teilzunehmen.