Violett

In der Kirche sind die Kreuze mit violettem Tuch verhängt,
die Blüten des Blauregens tun ihres dazu,
entfalten sich tausendfach in der Sonne.
Ostern ist nah.

Glyzinien in einem Garten am Rhein, April 2019, Fotografie RW

Wichtig und Gewicht

Die Frage ist ja, was wir aus den beiden Headlines der Presse mitnehmen wollen? Dass im April 2019 noch mindestens zwei Kommunikationsmedien existieren. Das Buch wird singulär betrachtet, die Handys in der Gruppe. Der Verfasser der kurzen Notiz unter A6 nimmt ein fehlendes Verb in Kauf. Er nennt den Buchtitel auch auf Englisch, ohne damit weitere Informationen zu geben. Im Artikel über den Diebstahl ist von 23 Konzertteilnehmern, einem osteuropäischen Trio und 23 Düsseldorfer Handys die Rede – und, dass am 23. April das Amtsgericht über die Anklage des Trios verhandelt.
Diese beiden Zeitungsartikel wollen gar nicht von mir gelesen werden: sie sind einzig und allein deshalb in der Rheinischen Post vom Dienstag, dem 16. April erschienen und von mir ausgeschnitten worden, um meine 23er Sammlung zu bereichern. Was hiermit nun geschehen ist.
siehe auch:  https://ruth23weber.de/dreiundzwanzig/

Unsere Liebe Frau von Paris

Wie vielen ging es uns gestern Abend ähnlich, wir konnten unsere Augen nicht abwenden von dem großen Unglück in Paris – Notre-Dame in Flammen. Wie konnte so etwas möglich sein? Gab es denn nicht genügend Gendarmen, Wärter und Schutzengel, die diesen Schatz bewachten? Wie groß ist heute der Schaden im Innern des Gebäudes, werden die noch stehenden Gewölbe halten? Die Orgel unter dem Rosenfenster nach Westen hat das Inferno wohl überstanden, auch die beiden großen Fensterrosen am Querschiff scheinen ganz geblieben zu sein.
Am schlimmsten fanden wir das Foto einer Drohne der Feuerwehr, die das riesige rot und weiß flammende Kreuz des Lang- und Querhauses von oben aufgenommen hatte. Die hölzerne Dachkonstruktion aus dem 13. Jahrhundert, für die vor über 800 Jahren viele große Bäume gefällt wurden, wird nie wieder zu rekonstruieren sein. Zerstört an einem einzigen Abend und in einer einzigen Nacht.
Wir erinnerten uns an ein altes Gemälde mit einer Darstellung der Hölle, das wir in der Maison Victor Hugo im Marais gesehen hatten. In einer riesigen Höhle stürzten die Seelen in die Tiefe, Gewölbe wirkten instabil und Feuer loderten. (Les enfers – Huile sur toile – 1622 – par François de Nomé, dit Monsù Desiderio)
Die Nachfrage nach dem Glöckner von Notre-Dame von Victor Hugo als Buch oder Film steigerte sich heute bei Amazon enorm.
Die ganze Welt schaut wohl mit großer Teilnahme auf dieses Unglück und alle hoffen, dass die Kathedrale, die uns so viel bedeutet, wieder aufgebaut werden kann.

Blick auf das Steingebirge von Notre-Dame de Paris, Teil des Langhausdachs und die beiden Fassaden-Türme von der Rückseite aus, Fotografie RW, Dezember 2016

Korrespondenzen XXX

Vom Wasser haben wir’s gelernt, vom Wasser!
Das hat nicht Rast bei Tag und Nacht,
Ist stets auf Wanderschaft bedacht,
Das Wasser, das Wasser,
das Wasser, das Wasser, das Wasser.

Zweite Strophe von «Das Wandern ist des Müllers Lust», 1818, Wilhelm Müller (1794-1827) aus dem Gedichtzyklus „Die schöne Müllerin“
An der Eeuwigelaan, Bergen NL, Fotografie RW 2011,
Blick auf einen kleinen Teil der Wanderabzeichensammlung von Onkel S.G. (1927-1991),
seit 2010 im Archiv RW

Oh, Ah…

Blaue Rhododendron im Park von Schloss Dyck, April 2011, Fotografie RW
Magnolien im Garten am Rhein, April 2019, Fotografie RW
Pflaumenblüte im Garten von Claudia, heute morgen, Fotografie RW
Zierahorn im Garten von Claudia, heute morgen, Fotografie RW
 
 
 

Ahh

Ein Frühlingsbild als Erinnerungsauslöser
6. Erinnerungsbild: Sonnenlicht im «Herrenzimmer», ausgerichtet nach Osten, schwarzgelbweiß gestreifte Vorhänge, der Schreibtisch des Vaters im Elternhaus, etwa 1957.
Siehe auch den Blogbeitrag vom 8. September 2018

Im Park von Schloss Dyck bei Neuss, Fotografie RW, April 2011

Was ist hier los?

Dunkler Frühlingsabend am gemauerten Rheinufer. Hohe Gebäude, Schienen, Container. Heulen und Brummen, elektrifizierte Klänge dringen aus der Halle nach draußen. Es ist kalt. Viele Leute vor dem geöffneten Tor, im Gebäude helles Neonlicht. Arbeiten von 25 Künstlern an den Wänden, auf dem Boden, an Stellagen im Raum, dazwischen das Preview-Publikum. Große, glasschwarze Bodenplatten (Sebastian Wickeroth), bemalte Leinwände (Benjamin – Novalis Hofmann) und Mäntel (Eckart Roese), mintgrüne Wand mit cremeweißen Thermoskannen in Vitrinen (Katharina Maderthaner), ein faszinierendes Häuschen aus weißer Pappe mit perfekt-verrückten Videos, Haselnüsse unten, schwarze Farbe wird verspritzt (Julia Oschatz). Kupfergrün patinierte Bronzeplastiken, epische Heldengeschichten wie aus vergangenen Zeiten (Leonid Sokhranski), bunte Plastikteile und tanzender Sand im Lautsprecher (Blue Curry), dröhnendes, klingendes Totholz (Taka Kagitomi) und ein Ufo (Robert Pufleb).

Bis zum 27. April sind in der Halle Werft 77 in Düsseldorf-Reisholz Arbeiten zu sehen von Rimma Arslanov, Gary Colclough, Blue Curry, Dan Dryer, Merike Estna, Gregor Gleiwitz, Benjamin – Novalis Hofmann, Taka Kagitomi, Ketonge, Katharina Maderthaner, Hiroyuki Masuyama, Jon Moscow, Roy Mordechay, Christl Mudrak, Charlotte Mumm, Linda Nadji mit Bettina Nampé, Julia Oschatz, Robert Pufleb mit Nadine Schlieper, Eckart Roese, Leonid Sokhranski, Christian Schreckenberger, Paul Pascal Theriault, Sebastian Wickeroth
Öffnungszeiten SA + SO 14 – 18 Uhr Reisholzer Werftstr. 75 – 77
40589 Düsseldorf

Gold, Bergkristall, Rubinrot

Den Luzifer besiegen,
Fratzen mit Glutaugen und Fischzähnen zähmen,
Nachtfalterflügel und Flederhaut treten,
Arme und Beine wie Vogelkrallen lähmen,
Echsenmäuler an den Gelenken brechen.

Aus dem Panzermaul kriecht die Schlange in den Staub,
Kampfspuren am Boden, Klauen greifen keine Steine mehr.
Dort liegt die Künstlersignatur, deutlich aus einer anderen Welt.
Violett ist das Gewand des irdischen Zeugen.

Wer ist wie Gott – das ist der Name des Engels,
sein Schild aus Bergkristall, geschliffenes Gewölbe, hier ist das Licht,
der Schutz vor dem Bösem. Ein Osterlied kommt in den Sinn –
Der Leib ist klar, klar wie Kristall, Rubinen gleich die Wunden all, die Seel durchstrahlt ihn licht und rein, wie tausendfacher Sonnenschein, Alleluja, Alleluja.
Jerusalem im goldenen Brustspiegel, rubinrot die Landschaft des Mantels,
goldene Schuhe mit Perlen und Edelsteinen auf dem Dämon.
Dreimal roter Mohn und eine Distel.

Noch bis Juni ist eine Ausstellung über den Maler Bartolomé Bermejo, (1440 – nach 1495) in Barcelona zu sehen, danach kommt sie nach London in die National Gallery, der das Bild mit dem Erzengel Michael auch gehört. Ein Vorbesitzer ist der Juwelenhändler (!) und Sammler, Julius Wernher. Im Sommer möchten wir zu gern nach London reisen, um die Werke von El Bermejo zu bewundern. Der Heilige Michael wurde kürzlich restauriert, die alte Version kann man im Internet auch noch finden. Die spannende Ikonographie des Bildes birgt sicher noch so manches Geheimnis.
Bartolomé Bermejo, «San Miguel triunfante sobre el demonio con Antoni Joan», 1468, Óleo sobre tabla, 179,7 x 81,9 cm,
Londres, The National Gallery. Bought by Private Treaty Sale with a grant from the American Friends of the National Gallery, London, made possible by Mr J. Paul Getty Jnr’s Endowment Fund, 1995.
https://www.museodelprado.es/actualidad/exposicion/bartolome-bermejo/66e35a1d-77bc-aca0-bab3-6788bd54672f
siehe auch FAZ vom Montag, dem 1. April 2019

Geländer

Geländer
Leider – sagt R. – zwischen dem Sein
und dem Nichtsein gibt es kein Mittelding,
nichts, nicht einmal einen Korridor, nicht einmal ein Geländer,
auf das sich die müden Adler niedersetzen könnten.

aus: Adam Zagajewski: Mystik für Anfänger. Gedichte. Aus dem Polnischen übertragen und herausgegeben von Karl Dedecius. Hanser Verlag 1997.
Treppenhaus im Museum für Gegenwartskunst, Siegen, Fotografie RW, 2019

Zweimal Rot

Die schöne Arbeit «Rotes Regal» (1978) von Michel Sauer, hier im Ausschnitt fotografiert, haben wir am Sonntag in Siegen gesehen. Das Museum für Gegenwartskunst zeigt sie in der Ausstellung  «DER TRAUM DER BIBLIOTHEK». Ein für uns sehr anziehender Titel, so dass wir uns auf den Weg zur Vernissage gemacht haben. Gleichzeitig zur Ausstellungseröffnung fand dort die Verabschiedung der Direktorin Dr. Eva Schmidt statt, die 15 Jahre das Haus leitete. In der letzten von ihr kuratierten Schau zum Thema Buch und seinen möglichen Aufbewahrungsorten sind Fotografien, Installationen, Filme, Malereien und Skulpturen vereint.
Als Stein- und Edelstein-addicts ist uns die Arbeit von Fernanda Fragateiro «Stones Against Diamonds, after Lina Bo Bardi» (2016) aufgefallen. (Fotografie rechts) Sie hat Exemplare des rot eingebundenen Buchs der Architektin und Designerin Bo Bardi (1914 – 1992) in einen klaren Block zwischen polierte Stahlplatten gebracht, so dass man die Essays der Autorin nicht mehr lesen kann. Daneben kann man eine andere Arbeit von Fragateiro, «(Not) Reading „Ulisses“, James Joyce,» (2017), sehen. Hier klemmt sie eine beschnittene Suhrkampausgabe des Ulysses zwischen zwei Scheiben aus Acryl. Die Verarbeitung des (Not) Reading hat sie mit vielen Büchern veranstaltet, mit Werken von Paul Éluard, Martin Heidegger, Karl Marx, Walter Benjamin, Robert Walser, mit Ausgaben des Kursbuchs, der Pelican Books, der Reihe Informationen zur politischen Bildung, mit Kunstkatalogen, Architekturbüchern, Ästhetikabhandlungen, Theorien zur Moderne, etc.
Die turmhohe Arbeit «(Not) Reading Rainbowcolours, after Willy Fleckhaus, Suhrkamp Catalogue 1963» , die wir auf der Website der portugiesischen Künstlerin gefunden haben, hat es uns besonders angetan.
In der Siegener Ausstellung sieht man auch einen Film über den leidenschaftlichen Schweizer Kunstbuchsammler Daniel Rohner. Unsere Freundin Margit Bauer hat diesen Film kurz vor seinem Tod im Jahr 2007 gemacht. In der Kunstbibliothek im Sitterwerk, St. Gallen, kann man seine gesammelten Bücher heute noch aufsuchen.

Museum für Gegenwartskunst Siegen, Der Traum der Bibliothek, 31.03. – 1.09.2019, Arbeiten von: Saâdane Afif, Jacques André, Margit Bauer, Achim Bitter, Julius Brauckmann, Clegg & Guttmann, Fernanda Fragateiro, Lutz Fritsch, Michael Glawogger, Rodney Graham, Thomas Hartmann, Candida Höfer, Axel Hütte, Abigail Reynolds, Michel Sauer, Beatrix Schwehm, Mika Taanila, Erdem Taşdelen, Frederick Wiseman, Erwin Wurm, Peter Wüthrich.