Mit geschlossenen Augen

Wenn ich in der Nacht mit geschlossenen Augen gegen die Lider schaue, sehe ich Lichtreste. Wo kommen sie her? Ist es ein Nachhall des Tageslichtes? Sind es Erinnerungen des Gehirns? Ich bilde mir jedoch ein, wirklich Vorhandenes wie das feine Adergeflecht der Netzhaut zu sehen, dann aber auch freie Erfindungen wie runde helle Kreisflächen, die vorbeischwimmen oder größere leuchtende Wellen, die in Rhythmen wie die Gezeiten fließen. In Verwirrte Sinneseindrücke beschreibt August Strindberg, wie er im Eigenversuch durch Drücken auf den Augapfel bei geschlossenen Lidern Blitze, helle Kreise oder Wirbel und andere Licht-Phänomene sieht, denen er Ähnlichkeiten zu den Gestirnen und der Sonne zuordnet, eine für ihn zwingende Korrespondenz zwischen dem Subjekt und dem Kosmos. Auch machte er Versuche ohne Kamera und Linse mit Mond- und Sternenlicht auf lichtempfindlichen Platten, sogenannte Celestografien. Faszinierende Experimente, um sich dem Wesen des Lichts und dem Abbilden von Licht (Photographie!) zu nähern.

Schneekristalle in der Eifel 2005, invertierte und gedrehte Fotografie RW 2019,
August Strindberg: Verwirrte Sinneseindrücke. Schriften zu Malerei, Fotografie und Naturwissenschaften, hrsg. v. Thomas Fechner-Smarsly, Verlag der Kunst 1998,
darin «Ein Blick zum Weltraum»(1896)