Sonntags im Gebirge


Fährt man am Sonntag mit der Bergbahn auf den Hausberg Mittag bei Immenstadt, um dort am ökumenischen Gottesdienst teilzunehmen? Oder nimmt man den Bus nach Hirschegg ins Kleinwalsertal, um in der Pfarrkirche Sankt Anna eine heilige Messe zu feiern?
Nein, man wandert stattdessen nach dem Frühstück in Oberstdorf an der milchig blaugrauen Stillach entlang bis in den Wald bei Schwand, kehrt kurz hinter den Kiesgruben um, da ein Wind sich hebt, die Blätter von den Ebereschen heruntertrudeln, ganze Ästchen sich fallend schnell um die eigenen Achsen drehen. Der Himmel hat sich längst bewölkt, die Gipfel der Berge sind verborgen. Gerade zurück im Haus – setzt der Regen ein. Müde und verschwitzt lässt man sich auf die Betten fallen.
Der Schlaf der vergangenen Nacht war nur von kurzer Dauer. Am Geburtstagsabend davor hatte ein freundlicher Gastgeber wieder und wieder den Wein nachgeschenkt, bis man sich an den immer abstruser werdenden Gesprächen über lokale Dialekte nur noch mit schwerer Zunge beteiligen konnte. Auf dem nächtlichen Weg nach Hause war der Himmel ungewöhnlich klar gewesen und man konnte den Blick nicht abwenden – überwältigt von der Vielzahl der sichtbaren Sterne. Der Orion zeigte sich riesig am Firmament. Solch große Himmel war man im Rheinland nicht mehr gewohnt.

Hinterglasmalerei aus Miltenberg, Fotografie RW, 2021