Schutt

Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, jeden Tag am Rhein entlang zu gehen. Nach circa 2300 Schritten betrachte ich unter einem Zubringer der Rheinkniebrücke den Boden. Hier wächst kein Gras, hier liegt kein Sand, man hat wohl beim Bau der Brücke einen Schuttbelag aufgebracht. Kleinste Glas- und Porzellanscherben finde ich hier zwischen Split, Asche und Schlacke. Ich habe zunächst nur die Scherbchen mit blauer Musterung aufgehoben. Mit inzwischen etwa siebzig gesammelten Artefakten ist ein ganzer Atlas der blauen Porzellan- und Keramikdekore entstanden. Besonders ist, dass manche Stücke sehr alt scheinen, verbacken mit Schlacke und Glas. Stammen sie aus dem Kriegsschutt? Ich weiß, dass es auch in unserer Stadt mindestens einen Monte Klamotte gab, Schuttberge aus den Trümmermassen verursacht durch die vielen Bombenangriffe des zweiten Weltkriegs.
Die schöne Schale mit dem handbemaltem, kobaltblauem Dekor, von Generation zu Generation vererbt, wurde einst auf den sorgfältig gedeckten Tisch einer Düsseldorfer Familie gesetzt.
Ich habe zweimal bei meinen Sondierungsgängen den Boden fotografiert. Auf dem rechten Bild sah ich später einen weißen Knopf, auf dem linken Bild eine hübsche Scherbe mit rosa Dekor. Man muss nur genau hinschauen… Nun gebe ich zu, dass ich auch andere Scherbenfarben sammelwürdig fand. Sogar ein goldener Ring glänzte bei einem der ersten Gänge zwischen den rostigen Farben der Kronkorken auf, leider war er nicht echt, hab ihn aber trotzdem mitgenommen, um eben dies mit der Lupe zu prüfen.

Unter der Rheinkniebrücke, Fotografie RW 2020