Das Goldene Ei

Der indische Prinz wünschte sich nichts sehnlicher, als das Goldene Ei August des Starken selbst zu besitzen. Er hätte es so gerne für sein Privatmuseum in den Bergen erworben. Dieses alte Kunstkammerstück, 1705 auf der Leipziger Ostermesse für den König erworben, besteht aus einem goldenen Ei, dieses zu öffnen – hervor kommt ein kleines goldenes Hühnchen mit Rubinaugen, dieses zu öffnen – hervor kommen ein goldenes Krönchen besetzt mit Diamanten und ein goldener Ring mit einem Einkaräter im Rosenschliff. Hin und her würde der Prinz die Kostbarkeit in seinen Händen bewegen, um das reflektierende Licht auf der Oberfläche des Metalls und das Feuer der Steine zu beobachten. Er hatte zwar schon einige historische Kunstwerke aus dem Hause Fabergé in seiner Sammlung, die gewiss noch raffinierter waren, besetzt mit vielen Edelsteinen, emailliert und guillochiert auf die feinste Art. Aber dieses goldene Ei kam ihm so liebenswert vor – oder besser – er sah es als ein Liebesgeschenk, voller lustiger Anspielungen, die er in kleinen Plaudereien mit der Beschenkten hin und her fliegen lassen könnte.

Goldstanniol, Diamantkreuz und Bergkristall, Fotografie RW, Sammlung RW, 20. 10. 21
https://www.skd.museum/besucherservice/presse/2021/meisterwerk-der-schatzkunst-kehrt-an-seinen-ursprungsort-zurueck-staatliche-kunstsammlungen-dresden-erhalten-goldenes-ei-augusts-des-starken-als-dauerleihgabe/