Aha – im Liebighaus

Für viele ein alter Hut, aber für mich eine plötzliche Eingebung… in der Elfenbeinausstellung fiel es mir zum ersten Mal auf, dass Max Ernst in seinem Bild «Die Jungfrau züchtigt das Jesuskind vor drei Zeugen: André Breton, Paul Eluard und dem Maler» (1926) ein altes Motiv zitiert: Venus züchtigt Amor. Die Ikonografie des Motivs war mir bekannt, hatte ich es nicht in vielen Gemälden, Zeichnungen und Skulpturen der Renaissance und des Barock gesehen! Venus bestraft Amor, weil er zu übermütig seine Pfeile verschießt. Hier im Liebighaus in Frankfurt ist die wunderbare Kollektion des Elfenbein-Sammlers Reiner Winkler ausgestellt. Zwischen anderen kostbaren Schnitzereien sah ich die schöne Venus, wie sie den schreienden Amor übers Knie legt und elegant (!) in einer tänzerischen Kontrapost-Bewegung zum Schlag ausholt. Mir kam Max Ernsts Bild sofort in den Sinn, vielleicht auch deshalb, weil ich nächste Woche die Schau über das Junge Rheinland im Kunstpalast Düsseldorf ansehen will. Die Kölner haben das Bild für die Jubiläumsausstellung ausgeliehen und hier in der Stadt begegnet man ihm allerorten auf großen Plakaten. Das Programmbild von Max Ernst ist mir natürlich schon seit Kunstakademiezeiten vertraut, hatte ich mich damals besonders mit den Dadaisten befasst. Das Bild berichtet viel von der Herkunft, Bildung und Psyche des DadaMax und versetzte damals der Tradition der Malerei und der Kirche ein paar ironisch subversive Hiebe.

WHITE WEDDING, Die Elfenbein-Sammlung Reiner Winkler, Liebighaus, Frankfurt, Venus züchtigt Amor, Elfenbein, Deutschland?, spätes 19.Jh.?
Fotografie RW 2019
ZU SCHÖN, UM WAHR ZU SEIN – DAS JUNGE RHEINLAND, Kunstpalast Düsseldorf, Max Ernst, Die Jungfrau Maria züchtigt das Jesuskind vor drei Zeugen, André Breton, Paul Eluard und dem Maler des Bildes, 1926, Öl auf Leinwand, 196 × 130 cm, Museum Ludwig, Köln, Foto: Rheinisches Bildarchiv, Bildschirmfoto RW 2019