Agricolas Irrtum

Georgius Agricola bezeichnet um 1546 in seinem Buch De Natura Fossilium den Lapislazuli als Saphir, dies war wohl in alter Zeit ein Synonym für «blauer Stein». Jedenfalls kann er nicht die durchsichtige blaue Varietät des Korunds meinen, den wir bis heute Saphir nennen, da er von den goldenen Pünktchen spricht, die sich in seiner blauen Matrix befinden. Wie in einem alten Ring meines Vaters mit Lapislazuli und Pyriteinschlüssen, die wie Sternbilder im Himmel leuchten. Der Pyrit wurde nicht als Unreinheit des Lapis gesehen, sondern im Gegenteil als Echtheitsbeweis gegenüber gefälschten Steinen und gefärbten Imitaten.
Das betreffende Zitat habe ich in meiner Ausgabe von De Natura Fossilium gefunden: Von blauer Farbe ist der Saphir und der Kyanos, der daher seinen Namen bekommen hat. Der Saphir strahlt außerdem mit goldenen Punkten. Beide ähneln dem heiteren Himmel, doch der Saphir wegen der goldenen Punkte dem Himmel im Sternenschmuck.
Übersetzung Georg Fraustadt, hrsg. von Fritz Krafft, Marixverlag, 2006

In einer englischen Übersetzung nach Agricola von Thomas Nichols
A Lapidary, or, The History of precious stones, Camebridge 1652, wird dieser Irrtum auch schon berichtigt.
Sapphirus (lapis-lazuli) and cyanus (sapphire) are dark blue, hence the name of the latter gem. (…) Lapis-lazuli is enlivened by small golden points. Both gems are blue as the heavens but lapis-lazuli especially resembles the heavens because of golden points which represent the stars.
Da mir das Wort Sternenschmuck in der Übersetzung von Fraustadt gefiel und ich die englische Wortwahl so versachlicht fand, wollte ich wissen, wie Agricola es selbst formuliert hatte und war fasziniert, als ich die lateinische Fassung auf der Seite der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek gefunden hatte.
Caeruleum colorem esse in sapphiro & cyano. CAP. XVII
Caerulei autem coloris est sapphirus, & cyanos, quae inde nomen traxit: sed sapphirus insuper aureis punctis collucet, … similis est coelo sereno: verus sapphirus, propter aurea puncta, stellis ornato.
Georgius Agricola,  De Natura Fossilium, Liber VI, Ausgabe von 1612, Wittebergae

Lateinischer Text:  http://digital.slub-dresden.de
Deutscher Text: aus meiner oben zitierten Agricola-Ausgabe
Englischer Text: gefunden bei der Lektüre des wundervollen Buches von Karin Leonhard, Bildfelder, Stilleben und Naturstücke des 17. Jahrhunderts, S. 244, Akademieverlag, 2013