Vorlieben


Mit böser Miene beobachte ich seit einiger Zeit die Krähen. Sie machen sich breit, vertreiben andere Vögel. Zerrupfen die Wiesen am Rhein, so dass hässliche, braune Flecken entstehen. Die Krähen machen sich über die Abfallkörbe her, ziehen alles heraus, öffnen die Pizzakartons, blättern in weggeworfenen Zeitungen, um nach jedem Krümel Ausschau zu halten.
Drei besonders freche Tiere verjagen immer wieder den Falken von seine Rüttelstelle am Rheinufer, aus seinem angestammten Revier. Sie greifen ihn in der Luft an. Fliegen zu dritt direkt auf ihn zu. Neulich saß er völlig zerzaust und erschöpft in einem großen Baum hinter dem Haus.
Aber heute sah ich, wie eine sehr schlaue Krähe einen kleinen runden Gegenstand, etwa eine Walnuss, aus zehn Meter Höhe fallen ließ, pfeilschnell zu Boden ging, ihn wieder mit dem Schnabel aufnahm, wieder in die Höhe und wieder fallen ließ – auf dem asphaltierten Weg hörte man es klackern. Nach getaner Arbeit hat sie wohl dann den leckeren Nusskern verzehrt.

Krähe blättert in der Zeitung, Filmstill, Smartphone-Aufnahme, RW 2020