Vermeer – zinnober – blaugrün


In der Vermeer-Ausstellung im Rijksmuseum Amsterdam schaute ich auch auf die Rücken der Besucher. Sie betrachteten das Meisje met de rode hoed und Meisje met de fluit. Sie hatten ihre Kleidung ausdrücklich auf die Bilder eingestimmt. Als ich freie Sicht hatte, erkannte ich für mich sofort, dass das Meisje met de fluit wohl ein besonders kostbarer, rechter Vermeer ist, anders als Washington das behauptet. Mein Bruder teilt selbstverständlich auch diese Ansicht, er kuratierte die Ausstellung als hoofd beeldende kunst am Rijksmuseum, zusammen mit seinen Mitarbeitern. Wir hatten uns im Museum mit ihm verabredet und er bereicherte unseren Besuch mit seinem detailreichen Wissen um Vermeer. Er meinte, wir sollten das Fotografieren ganz lassen, womit er natürlich recht hat. Man kann sich die Bilder auch im Netz in hoher Auflösung betrachten, mit allen Details. Und trotzdem ist das Handy für die meisten Ausstellungsbesucher als Begleiter nicht mehr wegzudenken. Ein Zeugnis wird verlangt – wenn auch nur virtuell – dass man als Selfie vor Ort war und den Bildern mit dem eigenen Körper nahe kam. Es reicht nicht mehr, alle Eindrücke in Kopf und Herz zu behalten – nein, man muss sie auch in der riesigen Wolke über der Welt lagern. Dort kann man sie jederzeit abrufen, wobei das schwächelnde Gehirn sich die Mühe spart, alles lebendig in Erinnerung zu halten.

In der Vermeer-Ausstellung, Fotografie RW, Mittwoch, Amsterdam, Karwoche 2023