So fromm die Schifffahrt

Glücklich betrachtete der indische Prinz den Ring, den er auf der TEFAF in Maastricht erworben hatte. Und zwar schon vor der offiziellen Öffnung für das allgemeine Publikum. Dieses Jahr gefiel ihm die Kunst- und Antiquitätenmesse besonders gut, nach den Coronajahren war sie exquisiter als je zuvor. Im letzten Jahr gab es einen spektakulären Juwelenraub, deshalb waren heute die Kontrollen am Eingang besonders streng. Nun – er hatte sich einen bescheidenen Wunsch erfüllt – nicht sehr spektakulär war sein neues Schmuckstück. Die Rubine waren kalibriert in eckigem Schliff, dicht an dicht in ein Band aus Weißgold gefasst. Sie hatten ähnliche Farbtöne, nur einer war dunkelrot, die anderen eher in Richtung Pinkrot. Den dunkelroten Stein nahm der Prinz als Anfangsstein, um sie zu zählen. Es waren 23 Rubine. Das schien ihm für dieses Jahr ein schönes Zeichen.
Zu Hause steckte er seine Neuerwerbung in die Schatulle mit den anderen Ringen. Mit einer Tasse Kaffee und den aus Maastricht mitgebrachten Pralinen setzte er sich ans Rheinfenster und betrachtete seine Schätze mit der Lupe. Um sein Auge zu erholen, wandte er den Blick zum Rhein und sah ein großes Schiff vorbeifahren. ORA ET LABORA. Schon vor ein paar Tagen hatte er die Namen der Schiffe VAYA CON DIOS, IMMANUEL und DEO GRATIAS notiert. Da legte er die Schmuckschatulle wieder in den Tresor und beschloss, sie mindestens 23 Tage nicht wieder herauszunehmen und einen langen Spaziergang am Rhein zu machen.

Rubinrotes Glas mit Korallen und Schlüsselanhängern, Sammlung RW, Fotografie RW, 11. März 2023