Schneckenleben


So schnell wie sie nur kann, will die Schnecke den nassen Ort verlassen, die pralle Sonne mag sie aber ebenso wenig. Tief unten in der dunklen Feuchte der Friedhofspflanzen hatte sie mit drei Artgenossen die alten Primeln, die Bartnelken und die Hornveilchen angefressen. Der nasse Guss, der unerwartet von oben kam, ließ sie die Pflanzenstängel hochkriechen. Das Haus konnte sie nicht verlassen, aber sie kam soweit heraus, dass die Schwerkraft es rutschen ließ und ihre Hinterlassenschaften frei wurden, die verieten, dass sie sich am Grün satt gefressen hatte. Nun musste sie ein neues schattiges Plätzchen finden. Ich ließ sie gewähren, die beiden anderen hatte ich schon etwas unsanft aufs nächste Grab gesetzt.

Schnecke in der Pflanzschale, Fotografie RW 18. Mai 2022