Meisterhand


Vor Jahrzehnten, genauer vor fast 45 Jahren, plante Joseph Beuys (1921-1986) eine Ausstellung in Frankfurt. Mit Neben Gegen sollte sie heißen. Beuys wollte zusammen mit seinen Studenten ausstellen. Im Vorfeld war er in meinem Atelier, um Arbeiten anzuschauen oder auszusuchen. Ich malte damals, Sigmar Polke war mein Vorbild, auf billigen Kaufhausstoffen mit Acrylfarbe banale Alltagsobjekte, einen Toaster, ein altertümliches Radio. Beuys kommentierte: Maschinen kann man nicht malen. Im Grunde stellte er uns aber frei, mit welchen Arbeiten wir an der Ausstellung teilnehmen wollten.  In einer Gruppe von Beuysschülern trafen wir uns und waren uns einig, dass wir keine Lust zum konventionellen Bilderaufhängen hatten. Zu sechst planten wir andere Beiträge – eine Postkartenedition mit dem ironischen Titel Fluxicards. Außerdem stellte ich mit Hilfe meiner Kommilitonen ein Video her, indem ich von dem Ansinnen eines Freundes erzählte. Er war zur Zeit der Planung der Ausstellung in New York und konnte keine Arbeit für Frankfurt auswählen. Er hatte mich per Luftpostbrief gebeten, einige seiner Zeichnungen aus seinem Atelier zu holen und sie einzuschicken. Im Film sprach ich von diesem Brief, durchsetzt von einer Fantasiesprache, durchmischt mit schwedischen Sätzen, die ich aus einem Sprachbuch vorlas. Im Hintergrund gab es Schreie und Rufe der anderen. Bei den Ausstellungsvorbereitungen im Frankfurter Kunstverein kam es dann zu einem großen Streit zwischen den Studenten, der Meister mittendrin, man war sich uneins über das Konzept, die Hängung und die Aussage. Es gab tagelang politische Diskussionen, fast kam es zur Absage der Ausstellung. Unsere Postkartenedition gefiel Beuys jedoch gut und das Spesengeld, das wir vom Museum erstattet bekamen, gaben wir direkt in Frankurt auf dem Flohmarkt wieder aus.

Apophyllit aus Indien auf Wurzelfundholz aus dem Rhein, Sammlung RW, Fotografie RW 2021