Leerstand

Im grünen Zimmer wohnte Tochter Eins. An das Zimmer angeschlossen war ein eigenes Bad. Tochter Zwei hatte ein blaues Zimmer und ihr Bad war entsprechend hellblau gekachelt. Die Zimmer der Töchter befanden sich im Westtrakt der großen Villa, die 1957 für einen Direktor im Ruhrgebiet erbaut worden war.  Aus der großen Halle kommend ging man auf eine Empore hoch zum Studierzimmer und der Bibliothek des Hausherrn, danach durch einen schmaleren Flur in den Kinderzimmertrakt. Nach Osten hin konnte man von der Halle aus ein Kaminzimmer erreichen, danach ein Esszimmer. Hinter dem Kaminzimmer befanden sich die Türen zu den Schlafzimmern der Eltern, verbunden durch lange Schrank- und Spiegelflure mit einer auffälligen Tapete. Diese wurde in den noch auffälligeren Fliesen und Kacheln des riesigen Bades fortgesetzt. Sie bestanden aus gold- und olivfarben umrandeten weißen Rauten. Sicher aus den 80er Jahren. Küchen, Wirtschaftsräume, Keller und Dienstbotenzimmer wirkten noch so, als hätten die Bewohner das Haus eben erst verlassen. Der große Garten mit dem von einer Glashaube bedeckten Schwimmbecken war gepflegt. Die alberne Jagdhütte im Alpenstil stand etwas unpassend knapp vor dem langen flachen Anbau für den Gärtner.

Leeres Haus in Hösel, invertierte Fotografie RW, 2020