Das neue Buch

Der indische Prinz hatte zum neuen Jahr das Buch «Mineralien» geschenkt bekommen. Hierin fand er hunderte fein gezeichneter und kolorierter Kristalle, Steine und Stufen, alle aus der Sammlung des Illustrators. Viele Fundstellen der Mineralien kannte der indische Prinz nur zu gut, da er genau von diesen auch Exemplare besaß. Zum Vergleich suchte er die Stücke aus seiner Sammlung zusammen und legte sie auf die passenden Seiten im Buch. Er nahm sich vor, in diesem gerade begonnenen Jahr die Fundstellen noch einmal persönlich aufzusuchen. Der erste Kristall, den er auf die Buchseite legte, stammt aus der Schweiz. Er erinnerte sich genau an seine früheren Wanderungen auf den Oberalbpass, wo er gegen die Fellilücke reichlich Rauchquarze aus aufgelassenen Klüften geborgen hatte.
Der Stein auf der zweiten Seite stammt aus Sachsen. Allerdings wusste er, dass der Schneckenstein im Vogtland längst als Abbaustelle geschlossen war. August der Starke kaufte im 18. JH. den Felsen dem veramten Herrn von Trützschler in Falkenstein ab und ließ die weingelben Schneckentopase für seine Juwelengarnituren verabeiten. 1800 wurde die Fundstelle geschlossen, aber erst ab den späten 30er Jahren des 20. Jahrunderts war es verboten, dort zu sammeln. Das geschah immer noch illegal, bis 1973 die Anlage unter Naturschutz gestellt und umzäunt wurde. Der Felsen war inzwischen von einer Höhe von 36 Meter auf 23 Meter abgebaut worden. Der indische Prinz hatte einst seine Schneckensteinstufe schon als historisches Stück erworben. Zu gern wüsste er, wer sie wann abgeschlagen hatte.

Zwei Mineralien auf zwei Seiten aus: Martin Haubenreißer, Mineralien, Naturkunden, Matthes & Seitz, 2021, Fotografie RW, Januar 2022