Viele, mindestens 23 Millionen

Es sind über 60 Millionen handbemalte Sonnenblumenkerne aus Porzellan, hergestellt in Jingdezhen, dem traditionsreichen Zentrum für Porzellan. Ich hatte über diese chinesische Produktionstätte schon in dem mir so wichtigen Buch von Edmund de Waal «Die weiße Straße» gelesen.
Auf einer über 650 qm großen Fläche und etwa 10 cm hoch sind die Kerne im Düsseldorfer Museum K20 ausgelegt. Es ist die Arbeit Sunflower Seeds von Ai Weiwei.  23 Kerne möchte ich mir sehr gerne heraussuchen. Sie individuell markieren. Zumindest auf einer von mir im Museum gemachten Fotografie. Ganz kurz habe ich daran gedacht, sie mir heimlich mitzunehmen. Aber die Wächter passen auf, besonders, wenn man sich bückt, um die Installation von nahem mit dem Handy aufzunehmen. Man könnte ausrechnen, wie schnell/langsam die ungeheure Anzahl schrumpfen würde, nähme jeder Ausstellungsbesucher einen Kern mit. In London war die Installation schon 2010 in der Tate Modern zu sehen. Da konnte man noch über das große Feld gehen. Das erzeugte ein schönes Knirschen wie das Laufen über ein Kiesbett. In London saßen und lagen die Leute im Keramikfeld, ließen die Kerne durch die Finger rinnen. Zu dieser Zeit waren es noch 100 Millionen Stück. Durch die Bewegungen der Besucher wurde dann aber zuviel Porzellanstaub aufgewirbelt, zu ungesund diesen einzuatmen. Heute ist also das Berühren verboten.
Unvorstellbar eindrucksvoll – der Gedanke an die aufwendige Produktion der Kerne – über Jahre hindurch mit der Hilfe vieler Menschen, die jeden Kern mit dem Pinsel berührten.
Jetzt hab ich doch gerade im Netz gesehen, dass sie sogar auf Auktionen verkauft werden und man sie als Anhänger an der Kette tragen kann. Das entzaubert die ganze Sache doch sehr….

23 falsche Kerne, manipulierte Fotografie RW, Mai 2019,
Ai Weiwei – Ausstellung in der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf, K20 und K21 bis 1. September 2019