Ein treffendes Bild

Edward Hopper, A Room in New York, 1932
Im Newsletter «Gemeinsam einsam» des Bochumer Kunstvereins hat unser Freund, der Kunstwissenschaftler Richard Hoppe-Sailer, auf den Maler Edward Hopper aufmerksam gemacht. Im Internet tauchen Bilder dieses Malers jetzt häufiger auf. Scheinen sie etwas mittzuteilen, Momente unseres social distancing in Covid 19-Zeiten widerzuspiegeln? Schon Anfang Januar hatte mir eine Freundin von der sehenswerten Ausstellung des Malers in der Fondation Beyeler erzählt und ich hatte mir fest vorgenommen, nach Basel zu fahren. Eigentlich reagiere ich auf die Hopper-Potenzierung ein wenig kritisch, zu oft gab es die Night Hawks oder Morning Sun auf Sofakissen und Kaffeetassen, auch als billige Reproduktionen. Aber dieses Bild A Room in New York, das Richard Hoppe-Sailer in seinem Text bespricht, hat es mir angetan. Wir schauen von draußen, von den Bewohnern unbemerkt, in das Innere eines Raumes. Die Architektur der Fensterumrandung weist uns aber einen gehörigen Abstand zu. Es gibt keine Reflektionen von einer Fensterscheibe. Das Paar wirkt seltsam kalt (trotz der sich wiederholenden Rottöne im Bild), grell von oben beleuchtet, die Gesichter verschattet, die Köpfe gesenkt. Musik erklingt (noch) nicht, vielleicht gleich – nur ein einzelner Ton, der Mann hat (noch) nicht aufgeblickt von seiner Lektüre. Eine senkrechte Holztäfelung an der Wand, vielleicht eine Tür in den nächsten Raum, trennt das Paar, obwohl beide diese Fläche überschneiden. Unheimlich – eine in der Zeit angehaltene Beziehung – wie in einer Art Filmstill werden Tausende von Bildern des Lebens komprimiert. Ein Bild im Bild an der Wand zeigt das Draußen wie aus einer fernen Erinnerung – eine Landschaft mit Bäumen.

Brief zur Krise von Richard Hoppe-Sailer

Edward Hopper in der Fondation Beyeler in Riehen bei Basel, vom 26. Januar bis zum 17. Mai 2020.