Zwei Träume

Hohe Treppe

Eine hohe Treppe. Oder ein Gestell aus hellem Holz.
Bis in den Himmel.
Das Ende kann man nicht sehen.
Jakobsleiter.
Helligkeit, man kann hinauf klettern.
Aber alle Stufen oder Sprossen sind von Kindern besetzt.
Sie musizieren, singen oder rufen.
Ich habe ein Musikinstrument.
Eine Altflöte aus hellem, verwaschenen Holz.
Ich spiele falsch, aber im allgemeinen Lärm fällt das nicht auf.
Gleichzeitig bin ich Autorität. Die Kinder sind mir anbefohlen.
Dass ihnen nichts geschieht.

Ende der Welt

Eine hohe, glatte, weiße Kuppe,
die wir in Gruppen bestiegen.
Dahinter, oben angekommen, war nichts.
Das Ende der Welt.
Später konnte man durch
Vor- und Zurückgehen
in verschiedene Zeiten
wandern.
Vergangenheit und Zukunft ohne Gegenwart.

Weberknecht

Das ist kein wirkliches Versteck, nur weil der runde Körper verborgen ist.
Alle Beine sind zu sehen, alle? Ich zähle nur sieben.
Tragödie als Folge eines Unfalls
oder nur ein Mißverständnis, weil das achte Bein im Dunklen bleibt?
In der unmittelbaren Nähe dieses Tieres
sah ich eine sehr kleine Spinne mit nur fünf Beinen.
Eindeutig verletzt und nicht mehr in der Lage zu fliehen.
Das war die echte Tragödie. Hatte eine der Schwalben aus dem Nest
unter der Dachkante versucht sie zu fressen,
oder war es ein nächtlicher Nahkampf mit dem Weberknecht?
So grausam es ist, RW’s Sympathien sind bei dem Weberknecht wegen seiner Eleganz und der Namensgleichheit. Und hält man nicht immer lieber zum Stärkeren, der als Sieger aus einem Kampf hervorgeht?
Jedoch: Schon beim Fussball halte ich bei zuviel Stärke auf der einen Seite sofort zum Unterlegenen und wünsche ihm den Ausgleich…

XPÉRIENC

jede sekunde zählt
sagt der fußballkommentator
wer wagt gewinnt
das experiment mag gelingen
die zutaten zählen
zeit feuer zufall erfahrung kristall
jetzt ist immer
der beginn der vergangenheit
jede sekunde zählt

als Trilliant geschliffener Morganit, rosa Beryll, aus meiner Sammlung
auf dem Umschlagdeckel von «La Science Amusante» von Tom Tit,
(Arthur Good), Paris, P. Larousse et Cie, um 1890, aus meiner Bibliothek