Epiphanias

Seit 2006 lädt die steinalte Sophia am 6. Januar zum Dreikönigstag Gäste ein. Jedesmal hatte sie einen traditionellen Dreikönigskuchen gebacken und andere Köstlichkeiten für ihre Freunde parat. Der Tisch war festlich geschmückt und der Weihnachtsbaum wurde ein letztes Mal angezündet. Jedes Jahr kamen andere Gäste, bis auf die treuen Stammgäste der ersten Jahre, die waren immer dabei. Letztes Jahr waren es 33 Freunde und Freundinnen, die sich um den langen Tisch versammelt hatten. In den Dreikönigskuchen war ein Figürchen eingebacken und wer dieses auf dem Teller oder in seinem Mund fand, bekam eine Krone aus goldenem Papier aufgesetzt. Dann wurde Champagner ausgeschenkt und aufs Neue Jahr, auf die Gesundheit und die Freundschaft angestoßen.
Nun, ganz so trauig war die steinalte Sophia nicht, dass heute nicht gefeiert werden konnte. Aber, dachte sie sich, ausgerechnet dieses Jahr, wo ich im Sommer einen runden Geburtstag feiern werde, kann ich meine schöne, alte Tradition nicht fortsetzen. Das wird kein böses Omen sein, denn ich bin voller Pläne und guter Zuversicht, dass mir schon im Frühjahr etwas gelingen wird. So legte sie drei ihrer schönsten, durchscheinenden, goldlichten Kristalle auf einen kostbaren Sockel und gedachte Caspar, Melchior und Balthasar, wie sie dem Stern gefolgt waren.

Fluorapatit, Citrin und Fluorit auf einem Messingschild mit Seidentapete aus einem alten Tapetenmusterbuch Jean Pirat, Lyon, Frankreich, Sammlung RW 2020, Fotografie RW 2020